Risiken an Experten auslagern und Chancen eröffnen
Im März 2015 wurde ein neues Energiedienstleistungsgesetz verabschiedet, das deutlich höhere Anforderungen an mittlere und große Unternehmen im Monitoring von Energieverbräuchen stellt. Mit Fristverlängerung bis spätestens 30. April 2016 mussten alle Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern oder 43 Mio. Euro Bilanzsumme ein Energieaudit durchführen und dieses künftig alle vier Jahre wiederholen.
Viele haben dies dennoch versäumt, da die Kompetenz zum Thema Energie im eigenen Haus fehlt. Dabei können auch kleine Unternehmen und selbst private Verbraucher unnötige Kosten vermeiden.
Doch wenn teilweise schon große Unternehmen überfordert sind, woher sollen dann kleine Verbraucher ihr Wissen herbekommen? Die Redaktion sprach darüber mit Diplomingenieur Matthias Sommer, Vertriebsleiter Geschäftskunden beim Energieversorger Goldgas.
Herr Sommer, Goldgas ist als Gasversorger bekannt. Inwiefern hat Goldgas mit Energiedienstleistungen zu tun?
Goldgas hat sich dieses Jahr mit neuem Logo sowie Akquisition und Integration der Gazprom Energy unter der Marke Goldpower neu aufgestellt. Der Verkauf von Erdgas und Strom ist unser Hauptgeschäft.
Doch wir spüren in Gesprächen mit unseren Kunden, dass das Thema Energiedienstleistungen immer wichtiger wird und wissen, dass wir als Versorger oft der erste Ansprechpartner sind. Gemeinsam mit unserer Muttergesellschaft VNG – Verbundnetz Gas AG sind wir seit Jahrzehnten im Energiesektor tätig und haben so Kompetenzen gesammelt, die wir unseren Kunden zur Verfügung stellen können. Aufgrund der wachsenden Nachfrage nach Energiedienstleistungen werden wir aber dieses Segment konsequent ausbauen, um als Full-Service-Partner für Energiedienstleistungen aufzutreten.
Welche Energiedienstleistungen bieten Sie schon jetzt an?
Goldgas berät seine Kunden beim Energieeinkauf, so ist es möglich die Energie an einem Stichtag für zwei bis drei Jahre im Voraus zu kaufen oder aber in Tranchen, um einen Durchschnittspreis zu erzielen. Zudem bietet Goldgas seinen Kunden die Erstellung von Energieausweisen an. Vermieter und Verkäufer einer Immobilie haben eine Ausweispflicht und auch große öffentliche und nichtöffentliche Gebäude mit starkem Publikumsverkehr wie Hotels, Fitnessstudios und Kaufhäuser müssen ihren Energieausweis gut sichtbar aushängen. Andernfalls drohen Strafen.
Für viele Bürger ist das Thema Energiedienstleistungen nur schlecht greifbar. Was gehört denn alles dazu?
Neben Energieausweisen zählen auch Dienstleistungen im Bereich Energiemonitoring und –controlling dazu. Das Spektrum reicht von smarten Zähler und Wärmebilder vom Haus bis hin zu Smart-Home-Anwendungen. Damit lassen sich beispielsweise „Energiefresser“ auffinden und der Energieeinsatz insgesamt optimieren. Eine Optimierung kann so einfach sein wie der Austausch alter Lampen gegen LEDs, ein günstigerer Gastarif oder der Einsatz von effizienter Technik in der Energieerzeugung und beim Verbrauch.
Der Energiemarkt ist sehr innovativ und ständig im Wandel. Energiedienstleister behalten für ihre Kunden den Überblick und begleiten bei der Umsetzung von Maßnahmen. Das ist eine sehr individuelle Beratungsleistung, bei der die spezifischen Bedürfnisse eines Kunden herausgearbeitet und in konkrete Maßnahmen umgesetzt werden. Ziel ist es, dass der Kunde entweder CO2 oder Kosten spart, oder Risiken wie den Betrieb von energieerzeugenden Anlagen, das Controlling der Energieverbräuche und Instandhaltungsaufgaben an Experten auslagern kann. So kann er sich voll und ganz auf sein Kerngeschäft konzentrieren.
Wie hoch schätzen Sie die Einsparpotenziale durch Energiedienstleistungen bei den Kunden?
Das ist im Allgemeinen schwer zu beziffern. Aber alleine durch Optimierung von Erzeugung und Verbrauch sollte jeder Verbraucher mindestens zehn bis 15 Prozent seiner jährlichen Kosten einsparen können. Hinzu kommen weitere Einsparpotenziale durch intelligenten Energieeinkauf, das Auffinden und Ersetzen von Energiefressern, wie alten Kühlschränken beim Strom oder ineffizienten Pumpen in der Heiztechnik. All diese Maßnahmen haben keine oder nur geringe Kosten. Wer zudem bereit ist, Geld in neue Technik wie eine neue Heizung oder ein SmartHome-System zu investieren eröffnet sich weitere Potenziale. Aber auch wer diese Kosten scheut, kann durch einen Contractor von Effizienztechnik profitieren. Der Vorteil ist, dass so auch Betreiberrisiken ausgelagert werden können, die oftmals heimliche Zeit- und Geldfresser sind. Die Potenziale sind also sehr individuell und immer davon abhängig, wie effizient der Ist-Stand ist und was vor Ort möglich ist.
Glauben Sie, dass der Druck auf Unternehmen und Privathaushalte energieeffizienter zu werden weiter steigen wird?
Die Bundesregierung hat sich verpflichtet im Gebäudesektor 20 Prozent CO2 bis 2020 und 50 Prozent bis 2050 einzusparen. Ich gehe daher davon aus, dass der Gesetzgeber die Stellschraube für Energieeffizienz weiter anziehen, aber auch weitere Fördermaßnahmen und Anreize für deren Umsetzung auflegen wird.
Was ist Ihr Tipp an unsere Leser?
Begreifen Sie die Energiewende als Chance und nicht als Gefahr. Suchen Sie sich einen vertrauenswürdigen Partner für Energiedienstleistungen und lassen sich beraten. Eine Energieberatung ist ein erster Schritt. Wer früh und nicht erst durch Zwang handelt, vermeidet Entscheidungsdruck und ist am Ende oft besser beraten. Energieeffizienz ist eine Kapitalanlage: Jeder Euro, den Sie heute sparen, kann anderswo sinnvoller eingesetzt werden und dort für Sie wirtschaften. Es gibt also eine Art Zinseszinseffekt. Eine Einsparmaßnahme, die sich in acht Jahren amortisiert ist eine hervorragende Kapitalanlage für einen Mittvierziger, jedoch weit weniger für einen Neunzigjährigen.
Herr Sommer, herzlichen Dank für das Gespräch.
Copyright Bild: Goldgas, Matthias Sommer